Die Zukunft hat schon begonnen und niemand merkt es. (Teil 2)
Zunächst ist zu klären, wie der riesige Energiegewinn bei Nuklearreaktionen zustande kommt. Denn das dies so ist, das wissen wir seit Jahrzehnten: Flugzeugträger fahren mit 55km/h durch die Gegend ohne zu tanken, Atom-U-Boote ebenfalls, Kernkraftwerke arbeiten zu Tausenden und werden nach wie vor in großer Zahl gebaut. Alle diese Beispiele beziehen sich auf die gefährliche Kernspaltung, die eigentlich nie auf der Erde hätte praktiziert werden dürfen.
Kernspaltung ist der eine, und zwar der gefährliche Weg zur Gewinnung von Nuklearenergie. Der zweite Weg ist die Kernfusion. Kernfusion treibt unsere Sonne an. Auf der Erde ist sie in nennenswertem Umfang bisher nur bei Wasserstoffbomben gelungen. Dabei wird Deuterium (auch ‚schweres Wasser’ genannt, bestehend aus dem Proton des Wasserstoffatoms und einem Neutron) und Tritium (Ein Wasserstoff-Proton mit zwei Neutronen) mit Hilfe einer ‚herkömmlichen‘ Atombombe (also Kernspaltung) zum Fusionieren und damit zur Explosion gebracht. Denn nur mit Temperaturen von über 100 Millionen Grad lässt sich die sog. Coulomb-Barriere überwinden, die einer Fusion entgegensteht. – Ich habe vor einiger Zeit gelesen, dass bei einem solchen Versuch von einer einsamen Insel nur ein Loch im Meeresgrund geblieben ist.
Aber der Reihe nach. Wo kommt diese Energie her?
Bei der Kernspaltung, der Kernfusion und wahrscheinlich auch LENR stammt die nutzbare Energie aus der sog. ‚Bindungsenergie‘. Die Einstein’sche Formel E=mc2 (Energie=Masse x Lichtgeschwindigkeit im Quadrat) besagt, dass Masse und Energie zwei Seiten derselben Medaille sind. Gelingt es, Masse in Energie umzuwandeln, ist der Ertrag an Energie gigantisch. Nach dieser Lesart würde die Energie eines einzigen Gramms Materie dem Energiegehalt von rund 2 Millionen Litern Gasolin entsprechen.
Nochmals, wie erreicht man das?
Schauen wir uns einmal ein Atom an: (hier dargestellt durch einen Apfel und ein Netz).
Der Apfel stellt das ganze Wasserstoffatom dar, bestehend aus einem Proton (positiv geladen) und einem Elektron (negativ geladen). Ein Neutron hat das Wasserstoffatom nicht. (Es lässt sich aber eines hinzufügen, dann wird Wasserstoff zu Deuterium und wenn man zwei Neutronen hinzufügt wird es zu Tritium.) Nebenbei gesagt: Würde man die Größe des Protons maßstäblich auf den Apfel übertragen, wäre das umkreisende Elektron rund 30 km entfernt.(!)
Nun haben wir aus der Einstein-Formel gelernt, dass es Masse, so wie wir sie erleben, eigentlich nicht gibt. Die einzelnen Atome mit ihren Bestandteilen aus Protonen, Neutronen und Elektronen benehmen sich eher wie „Energiekonzentrationen“ an einem bestimmten Punkt und sie bleiben auch nur deshalb beieinander, weil ein Teil ihrer Energie dazu verwendet wird, sie zusammenzuhalten: hier dargestellt durch ein Netz.
Diese ‚Bindungsenergie‘ beträgt unter einem Prozent der Gesamtenergie des Atoms. Würde man die einzelnen Bestandteile des Atoms separat wiegen, dann wäre das Gesamtgewicht der Einzelteile etwas geringer, als wenn man das Atom als Ganzes (also einschließlich der Bindungsenergie) wiegt. Diese Differenz nennt man auch den ‚Massendefekt‘, der anzeigt, wie hoch der Anteil der Bindungsenergie am gesamten Atom ist.
Die Kernfusion bedeutet im folgenden Beispiel die Umwandlung eines chemischen Elements in ein anderes. Nehmen wir wieder Obst und Netze zur Hand:
Da haben wir links zwei Äpfel, welche zwei Wasserstoffatome darstellen sollen, mit ihren jeweiligen Netzen, der Bindungsenergie. Sie enthalten jeweils ein Proton und ein Elektron. Wenn wir nun die beiden Wasserstoffatome überreden könnten, sich zu einem einzigen Atom zu vereinigen (zu fusionieren), dann hätten wir, auf der rechten Seite zu sehen, ein Helium-Atom, welches zwei Protonen und zwei Elektronen in sich trägt. (Die Rolle des Deuteriums und Tritiums bei der Fusion habe ich in diesem Beispiel außer Acht gelassen)
Zum Überreden benötigten wir allerdings 100 Mill. Grad Celsius und mehr, denn anders lässt sich die sog. ‚Coulomb-Barriere‘ nicht überwinden. Dass das auch auf der Erde möglich ist zeigen die Wasserstoffbomben, aber wer will schon so viel Energie auf einmal.
Sollte eine Fusion gelingen, bliebe das gezeigte Netz über, denn anstatt der beiden Netze für die zwei separaten Wasserstoffatome genügt nach ihrer Fusion ein Netz für das Heliumatom.
Das Netz repräsentiert die nun nutzbare Bindungsenergie und sie wiederum wird nach Einstein mit der Lichtgeschwindigkeit im Quadrat multipliziert. Aus ‚verschwindend klein‘ wird ‚riesig‘.
Schon vor rund sechzig Jahren hat man mit Fusionsexperimenten begonnen, sie schienen der logische Weg zu einer Umwelt- und Ressourcen-schonenden Energieversorgung zu sein. Sechzig Jahre, Milliarden und Abermilliarden von Dollars und Euros später, ist die Ernüchterung groß. Um es deutlich zu sagen: Fusionsenergie wäre hoch willkommen und auch den beteiligten hochqualifizierten Forschern ist nichts vorzuwerfen: Die Aufgabe hat sich jedoch als praktisch unlösbar erwiesen.
Warum ist das so?
Theoretisch kann man ein Plasma mit den erforderlichen Millionengraden erzeugen, aber jedes Material, dass sich dieser Energiequelle näherte, würde innerhalb von Sekunden verdampfen. So erginge es den umgebenen Materialien, Fundamenten und Wänden – daher gibt es nur einen Weg dieses Plasma (wenn es denn schließlich irgendwann für längere Zeit erzeugt werden könnte) zu stabilisieren und zu positionieren, nämlich es mit riesigen, Energie-verschlingenden Magneten frei schwebend zu halten.
Aber wie will man unter diesen Umständen die Energie nutzbar machen? – Nie ist es in einer der zahlreichen Fusionsanlagen auf der Welt gelungen (und es ist zeitlich auch nicht absehbar) nutzbare Energie zu erzeugen, also eine Energie die größer ist als diejenige, die man zuvor hineingesteckt hat. Deshalb hält sich auch weltweit der etwas spöttische Spruch: „Die Kernfusion ist die Energie der Zukunft und sie wird es auch bleiben.“
In der nächsten Folge kommen wir zu LENR, da wird es besser.
Wir danken dem Autor für das Recht der Veröffentlichung.
© Willi Meinders
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