Die Zukunft hat schon begonnen, und niemand merkt es. (Teil 7)
Willi Meinders – Die Zukunft hat schon begonnen und niemand merkt es. Teil 7
Nachdem wir nun über sechs Folgen eine Tour d’Horizon zum Thema LENR hinter uns haben, möchte ich noch drei Schwerpunkte bilden:
-Wie ist die Beweislage zu LENR
-Wie ist der Stand der Markteinführung
-Warum ist die Situation zu LENR in Deutschland so wie sie ist.
Die Beweislage ist hier in wenigen Auszügen zusammengefasst:
Dennis Bushnell, NASA Chef-Wissenschaftler, sagte 2013:
„Wir haben jetzt die Situation, dass wir über zwei Dekaden hunderte von Experimenten durchgeführt haben, die uns zeigen, dass Erzeugung von Hitze und Transmutationen mit minimaler Strahlung und niedrigem Energieeinsatz möglich sind.
Es zeigt sich, dass „irgendetwas“ tatsächlich vor sich geht.“
Eine Veröffentlichung der George Washington aus 2017 Universität lautet auszugsweise:
„Die zweite Gruppe, die von Professor Nagel geleitet wird, befasst sich mit Forschungen an LENR, und zwar im Labor auf dem Campus in Tompkins Hall. Dieses Forschungsgebiet, das direkt 1989 ins Leben gerufen wurde, wurde zunächst fälschlicherweise ‚kalte Fusion‘ genannt. Diese Tatsache ist bis heute umstritten. Aber – tausende von Experimenten seit 1989 haben gezeigt, dass es möglich ist nukleare Energie zu erzeugen, gemessen in Millionen von Elektronenvolt, indem man die chemische Energie nur weniger Elektronenvolt nutzt. Diese riesige Energiedifferenz ermöglicht es, hohe Energiegewinne zu erzielen. Damit ist gemeint, dass der Gewinn an thermischer Energie um ein Vielfaches höher ist, als die elektrische Energie, die zur Anregung des LENR-Vorgangs erforderlich ist.“
Das wichtigste Gutachten zur Technologie ist der sog. Lugano-Report:
Überschrift:
Observation of abundant heat production from a reactor device and of isotopic changes in the fuel (Beobachtung von überschüssiger Wärmeproduktion durch einen Reaktor und die Beobachtung von Isotopenveränderungen in der Füllung)
Die Gutachter waren:
Giuseppe Levi Bologna University, Bologna, Italy
Evelyn Foschi Bologna, Italy
Bo Höistad, Roland Pettersson and Lars Tegnér Uppsala University, Uppsala, Sweden
Hanno Essén Royal Institute of Technology, Stockholm, Sweden
October 6, 2014
Hier die Zusammenfassung („Abstract“) des Gutachtens. (Meine Übersetzung, verbindlich ist nur der englische Originaltext)
„Neue Ergebnisse aus einer erweiterten experimentellen Untersuchung der anomalen Wärmeentwicklung in einer speziellen Art von Reaktorrohren, die bei hohen Temperaturen betrieben werden, werden vorgestellt. Der Reaktor mit dem Namen E-Cat wird mit einer kleinen Menge wasserstoffbeladenem Nickelpulver und einigen Additiven, hauptsächlich Lithium, geladen. Die Reaktion wird hauptsächlich durch die Wärme von Widerstandsspulen um das Reaktorrohr herum ausgelöst. Die Messungen der Strahlungsleistung des Reaktors wurden mit hochauflösenden Wärmebildkameras durchgeführt. Die Messungen der elektrischen Leistungsaufnahme wurden mit einem dreiphasigen Leistungsanalysator mit großer Bandbreite durchgeführt. Die Daten wurden während 32 Tagen in Folge im März 2014 erhoben. Der Reaktorbetriebspunkt wurde in der ersten Hälfte des Laufs auf etwa 1260 ºC und in der zweiten Hälfte auf etwa 1400 °C eingestellt. Die gemessene Energiebilanz zwischen Eingangs- und Ausgangswärme ergab einen COP-Faktor von etwa 3,2 und 3,6 für die Läufe 1260 ºC bzw. 1400 ºC. Die gesamte Nettoenergie, die während der 32 Tage Laufzeit bezogen wurde, betrug etwa 1,5 MWh. Diese Energiemenge ist weitaus mehr, als aus allen bekannten chemischen Quellen im kleinen Reaktorvolumen gewonnen werden kann. Eine Probe der Reaktorfüllung wurde vor dem Lauf und nach dem Lauf mit mehreren Standardmethoden sorgfältig auf ihre Isotopenzusammensetzung untersucht: XPS, EDS, SIMS, ICP-MS und ICP-AES. Die Isotopenzusammensetzung in Lithium und Nickel stimmte vor dem Lauf mit der natürlichen Zusammensetzung überein, während nach dem Lauf festgestellt wurde, dass sie sich wesentlich verändert hat. Daher werden Kernreaktionen als im laufenden Prozess vorhanden angezeigt, was jedoch schwer zu vereinbaren ist mit der Tatsache, dass während des Laufs keine Radioaktivität außerhalb des Reaktors nachgewiesen wurde.“
Den vollständigen Text sehen Sie hier: unter dem Stichwort „Lugano-Report“.
Wenig später replizierte der russische Physiker Prof. Alexander Parkhomov den Lugano-Versuch:
Die Überschrift seines Berichtes lautete: „Untersuchung der neuen Version des Gerätes ähnlich dem Hochtemperatur-Wärmeerzeuger von Rossi“
Die Zusammenfassung („Abstract“) lautete: „Zusammenfassung – Dieses Papier beschreibt eine neue Version des Gerätes ähnlich dem Hochtemperatur-Wärmeerzeuger von A. Rossi, der mehr als drei Tage im Dauerbetrieb arbeitete. Es wurde eine Bewertung der Überschussleistung vorgenommen. (ca. 500 W, das Verhältnis von produzierter zu verbrauchter Leistung ca. 2,4). Insgesamt wurden bei diesem Experiment etwa 150 MJ überschüssige Energie erzeugt. Es werden Analysen der Kern- und Isotopenzusammensetzung des Brennstoffgemischs vor und nach dem Experiment durchgeführt.“
Das Gutachten ist unter dem gleichen Link wie oben abrufbar, Stichwort Parkhomov.
Seit dieser Zeit gab es viele Replikationen und auch weitere Gutachten die die Funktion des E-Cat bestätigten.
Schon im Jahre 2015 hat sich das amerikanische Militär intensiv mit der Verifizierung von LENR beschäftigt. Federführend war Pamela Mosier-Boss, eine der angesehensten Fachleute auf diesem Gebiet. Das gesamte Dokument ist unter dem gleichen Link wie o. a. zu finden, Stichwort „Mosier-Boss Investigation“.
Es lohnt sich, einen Abschnitt auf Seite 81 des Gutachtens aufmerksam zu lesen:
Übersetzung: „KOMMERZIELLER UND MILITÄRISCHER WERT DER TECHNOLOGIE WENN DIESE AUSGEREIFT IST.
Einmal verstanden, hat LENR das Potenzial, eine paradigmenwechselnde, „wegweisende“ Technologie zu sein. Kernenergiesysteme haben Leistungsdichten, die um sechs Größenordnungen höher sind als chemisch basierte Energieerzeugungs- oder -speichersysteme. Die Fähigkeit, eine neue Kernenergiequelle für die thermische oder elektrische Umwandlung zu nutzen, ohne die Erzeugung eindringender energetischer Partikel, hätte tiefgreifende kommerzielle und militärische Auswirkungen, die von kleinen Stromversorgungssystemen über mobile Systeme bis hin zu größeren stationären Stromversorgungssystemen reichen. Je nachdem, wie die Technologie skaliert, könnte sie als Energiequelle für Expeditionskriege und Militärbasen sowie Überwasserschiffe/U-Boote, als Kernbatterie für autonome C4I-Operationen (Kommunikation, Computer, Satelliten) und für langlebige UAV- und USV-Einsätze (Antrieb) genutzt werden. Eine solche Technologie hätte tiefgreifende Auswirkungen auf eine der größten finanziellen und ökologischen Kosten der USA und des Verteidigungsministeriums: Die Verbrennung von Kohlenwasserstoffen aus importiertem Öl und Gas mit dem damit verbundenen CO2-Fußabdruck.
Tatsächlich wurden viele US-Militäraktionen in diesem Jahrhundert, und die teuersten in den 90er Jahren, durch die Geopolitik des Erdöls oder deren Folgen verursacht. Eine Verringerung des Einsatzes von Fremdöl würde sowohl zu Energieeinsparungen als auch zu einer Verringerung der militärischen Präsenz der USA und der Flottenkosten führen, um den Zugang zu Fremdöl und Naturressourcen zu erhalten.“
Das Ergebnis des fast hundertseitigen Gutachtens wurde erst nach langem Zögern veröffentlicht.
Es gibt ähnliche positive Gutachten aus Russland, China und Japan, die aber den Rahmen hier sprengen würden.
Kommen wir zum Stand der Markteinführung. Am Markt sind die Leonardo-Corporation (Miami-Beach) von Dr. Andrea Rossi und Brillouin-Energy (Berkeley, CA.) Brillouin-Energy hat ein am Markt verfügbares Gerät, das allerdings nur einen COP (Wirkungsgrad, Coeffizient of efficiency ) von 2,25 vorweisen kann, der COP des Ecat von Rossi liegt bei über 50. Es ist aber durchaus möglich, dass Brillouin den COP noch wesentlich steigern kann. Außerdem erfreut sich Brillouin prominenter Unterstützung: Im Aufsichtsrat sitzt der Bruder von Google-Gründer Larry Page, Carl Page. Zum anderen gab Brillouin kürzlich bekannt, ein europäisches Patent erhalten zu haben:
Auch sollen bereits Lizenzen nach Fernost vergeben worden sein.
Der wichtigste Player in Bezug auf Marktnähe ist die Leonardo-Corporation von Andrea Rossi:
Im Januar wurde folgende Presseerklärung herausgegeben, die man als Markteinführung bezeichnen kann.
Die Übersetzung als Update vom 23.1.19.
Der von Rossi angebotene Ecat SK hat eine thermische Leistung von 21.91 kW bei einem elektrischen Input von 380 wh/h. Das Gerät hat etwa Kühlschrank-Größe und enthält auch den Wärmetauscher. Der Cop beträgt 57, das heißt der Ecat produziert 57 mal soviel Wärme wie an elektrischer Energie (für die Steuerung) zugeführt wird. Eine Kontrolleinheit kann bis zu 10 Geräte versorgen. Ein Mindestabstand von Gerät zu Gerät ist nicht erforderlich. Es kann Warmwasser produziert werden, aber auch Heißdampf bis 550° C. Eine Reaktorfüllung reicht für ein Jahr. Der Reaktor selbst ist 1,1 cm lang und im Durchmesser 0,3 cm. Die Lebensdauer der Geräte beträgt vermutlich rund 20 Jahre.
Rossi verkauft diese Geräte nicht, sondern verkauft nur die produzierte Wärme. Der Preis hierfür liegt zwischen 20 bis 50 % unter den Energiekosten örtlicher Anbieter. Die Kunden können mit der gelieferten Wärme machen was sie wollen: Räume heizen, Getreide trocknen, Konserven einkochen, Elektrizität erzeugen usw. usw.
Es gibt bereits laufende Anwendungen. Der endgültige Durchbruch ist geschafft, wenn mehrere Nutzer der Technologie die erfolgreiche Anwendung der Geräte in ihren Betrieben bestätigen. Bisher gibt es noch Verschwiegenheitsvereinbarungen, denn die Technologie ist zu neu.
Das Sicherheitszertifikat gilt nur für industrielle/gewerbliche Anwendungen, die Belieferung privater Abnehmer ist noch nicht erlaubt.
Es gibt weitere wichtige LENR-Firmen, deren Marktnähe nicht einzuschätzen ist wozu auch Airbus gehört. Die Patente sind erteilt, aber der Entwicklungsstand der Geräte mit Blick auf den Markt ist unklar. Dies gilt für insgesamt etwa 10 bis 15 LENR-Anbieter weltweit.
Sehen wir uns nun die Situation in Deutschland an. Nach außen hin gibt es (mit Ausnahme von Airbus) praktisch keine LENR-Aktivitäten. Das heißt aber nicht, dass sich nichts tut. Schon 1989 nach den ersten Versuchen von Fleischmann und Pons hatte Siemens nichts Eiligeres zu tun, als ein Patent für diese Technologie anzumelden, wohl nur um einen Fuß in der Tür zu haben.
Es gibt also mit Sicherheit „Glutnester“ der LENR-Technologie in Deutschland, sowohl in der Wirtschaft als auch in der Wissenschaft. Wenn dies nicht an die Öffentlichkeit gelangt, dann hat das nur einen Grund: Es erwartet die Protagonisten jede Menge Ärger und Hysterie. Schon 2005 wurde ein Wissenschaftler der TU Berlin kaltgestellt, als er in einer Verlautbarung der Universität bekannt gab, Beweise für die sog. „Kalte Fusion“ gefunden zu haben. Es ist also ausgesprochen gefährlich, sich dazu zu bekennen. Der Cambridge-Professor Huwe Price nennt dies im Zusammenhang mit LENR „die Reputationsfalle“.
In Deutschland ist das Thema „Energie“ so emotional besetzt wie sonst nirgendwo. Diese Emotionen trüben gelegentlich den klaren Blick auf die Fakten. Nicht bei allen, sh. Boris Palmer: „Ein Coca-Cola Verbot würde mehr Leben retten als Fahrverbote“: Link hier
Eine andere Nachricht (aus der Daily Mail) könnte auch von Interesse sein: „Die 16 größten Schiffe der Welt produzieren mehr Abgase als alle Autos dieser Welt“.
Oder aber diese Nachricht: „Die 120 größten Kohlekonzerne haben aktuell knapp 1.400 neue Kraftwerke in 59 Ländern in Planung oder sogar schon im Bau. Damit kämen neue Kapazitäten von gut 670 Gigawatt dazu. Das entspricht einem Drittel der aktuell installierten Kapazitäten.“ – Man kettet sich buchstäblich an die falschen Bäume. Quelle: Hier
Eigentlich müssten sich Umweltpolitiker auf LENR stürzen, denn die Technologie ist umweltfreundlich, grundlastfähig, dezentral, abfallfrei, Landschafts-schonend, billig, Ressourcen-schonend usw. Aber es kommt nichts. Erste Hürde: Unkenntnis. Einer meiner Leser hat es versucht und bekam zur Antwort: „Von Atom haben wir erst einmal die Nase voll!“ Zweite Hürde: Mit Angst regiert es sich einfacher.
Ein Blick über den Gartenzaun würde genügen: Rossi musste erst in die USA emigrieren, um mit seinem Ecat zum Erfolg zu kommen. – Das Interesse deutscher Unternehmen an der LENR-Technik aus den USA ist groß, das erfahre ich tagtäglich. Leider fehlt es oft an Sprachkenntnissen und an Zeit die US-Quellen auszuwerten. Genau das habe ich mir zur Aufgabe gemacht und erfahre große Anerkennung dafür.
Ich würde mir wünschen, dass Wissenschaft und Politik sich ebenfalls mehr interessieren würden, denn wenn wir erst fertige LENR-Technik aus den USA, Russland oder Japan in den Händen halten ist es für Deutschland schon zu spät, auf diesem Gebiet der Hochtechnologie noch eine Rolle zu spielen.
Wir danken dem Autor für das Recht der Veröffentlichung.
© Willi Meinders
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